Stichtagsregelung für Sonderzahlung mit Mischcharakter unwirksam

Eine Sonderzahlung zum Jahresende, die einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden soll und damit die Betriebstreue belohnt, die aber auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Stichtagsregelung für eine Sonderzahlung mit Mischcharakter ist daher unwirksam, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

Gestritten wurde über einen Anspruch auf eine als «Weihnachtsgratifikation» bezeichnete Sonderzahlung für das Jahr 2010. Der Kläger, seit 2006 bei einem Verlag als Controller beschäftigt, erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Weil er zum 30.09.2010 kündigte, bekam er 2010 keine Sonderzahlung mehr. Mit der Klage hat er die anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Denn Verlagsangehörige erhalten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts in der Sonderzahlung, im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer erhalten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Der Verlag berief sich jedoch darauf, dass laut Zahlungsrichtlinie Voraussetzung für eine Sonderzahlung sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12. des jeweiligen Jahres noch besteht.

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, hat das BAG auf die Revision des Klägers den Verlag entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt und die Vorinstanzen aufgehoben. Die Sonderzahlung solle nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, diene aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. In derartigen Fällen seien Stichtagsregelungen – wie die in den Richtlinien vereinbarten – nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Denn die Klausel benachteilige vorher ausgeschiedene Arbeitnehmer unangemessen und stehe im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Denn der Vergütungsanspruch sei nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte, seien nicht ersichtlich.

BAG, Urteil vom 13.11.2013 – 10 AZR 848/12

(Quelle: beck online)

Arbeitnehmer können trotz Sonderleistungen Tarif-Mindestlohn beanspruchen

Arbeitnehmer haben Anspruch auf den vollen tarifvertraglichen Mindestlohn – auch wenn sie zusätzlich vermögenswirksame Leistungen wie Wertpapiere vom Arbeitgeber bekommen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Anders sei es bei Einmalzahlungen. Sie könnten Teil des Mindestlohns sein. Dies hänge aber von den einzelnen Regelungen im Tarifvertrag ab.

Geklagt hatte ein Hallenreiniger der zur Deutschen Bahn gehörenden DB Services GmbH. Er erhielt laut Tarifvertrag bis März 2008 einen Stundenlohn von 7,56 Euro und ab April 2008 einen Stundenlohn von 7,90 Euro. Der Mann wollte, dass ein für ihn günstigerer Tarifvertrag für Gebäudereiniger angewendet wird. Sein Arbeitgeber erkannte zwar die Gültigkeit dieses Tarifvertrages an. Doch die DB Services argumentierte, ihr Angestellter habe ohnehin schon viel mehr als den Mindestlohn erhalten. Er habe schließlich zwei pauschale Zahlungen von 600 und 150 Euro bekommen sowie vermögenswirksame Leistungen.

So klar sei der Fall nicht, wendet der EuGH ein. Zwar könnten pauschale Zahlungen durchaus Teil des tariflichen Lohns sein – zum Beispiel beim Übergang zu einem neu ausgehandelten Tarifvertrag. Im Urteil ist die Rede von der «Praxis (…), durch diese pauschalen Zahlungen die Anwendung der neuen Lohntabelle zu antizipieren». Die Zahlungen könnten also anstehende Lohnerhöhungen bereits vorweg nehmen. Bei vermögenswirksamen Leistungen sehe es aber anders aus. Diese unterschieden sich vom Lohn im eigentlichen Sinne. Sie würden dem Arbeitnehmer helfen, Vermögen zu bilden, zum Teil auch durch Staatsgelder unterstützt. Damit dienten sie einem «sozialpolitischen Ziel».

Der EuGH machte aber eine wichtige Einschränkung: Für die Frage, ob Einmalzahlungen als Lohnbestandteil gelten können, sei der «Wille der Parteien des Tarifvertrages» entscheidend. Auch die Rolle der vermögenswirksamen Leistungen im Fall des Hallenreinigers müsse das Bundesarbeitsgericht klären. Die deutschen Richter hatten den EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten, müssen den Fall nun aber selbst endgültig entscheiden.

Das Urteil schafft nach Einschätzung des Hamburger Arbeitsrechtlers Martin Mönks Klarheit. Nun stehe fest, «dass nicht alle möglichen Leistungen bei einem Mindestlohn anzurechnen sind». Mit seinem Spruch habe der EuGH die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bestätigt, sagte Mönks am 07.11.2013 der Nachrichtenagentur dpa. Das Gericht habe damit die Weichen für die Handhabung eines möglichen gesetzlichen Mindestlohns gestellt.

Schmutz- oder Erschwerniszulagen sowie vermögenswirksame Leistungen müssten weiterhin zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt werden. «Arbeitgeberleistungen, die ausschließlich die erbrachte Arbeit vergüten, werden dagegen angerechnet», erklärte Mönks. Dies betreffe vor allem die in Deutschland üblichen, von den Tarifparteien zusätzlich zu den prozentualen Erhöhungen ausgehandelten Einmalzahlungen.

EuGH, Urteil vom 07.11.2013 – C-522/12

(Quelle: beck online)

Stichtagsregelung für Sonderzahlung mit Mischcharakter unwirksam

Eine Sonderzahlung zum Jahresende, die einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden soll und damit die Betriebstreue belohnt, die aber auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Stichtagsregelung für eine Sonderzahlung mit Mischcharakter ist daher unwirksam, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

Gestritten wurde über einen Anspruch auf eine als «Weihnachtsgratifikation» bezeichnete Sonderzahlung für das Jahr 2010. Der Kläger, seit 2006 bei einem Verlag als Controller beschäftigt, erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Weil er zum 30.09.2010 kündigte, bekam er 2010 keine Sonderzahlung mehr. Mit der Klage hat er die anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Denn Verlagsangehörige erhalten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts in der Sonderzahlung, im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer erhalten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Der Verlag berief sich jedoch darauf, dass laut Zahlungsrichtlinie Voraussetzung für eine Sonderzahlung sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12. des jeweiligen Jahres noch besteht.

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, hat das BAG auf die Revision des Klägers den Verlag entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt und die Vorinstanzen aufgehoben. Die Sonderzahlung solle nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, diene aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. In derartigen Fällen seien Stichtagsregelungen – wie die in den Richtlinien vereinbarten – nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Denn die Klausel benachteilige vorher ausgeschiedene Arbeitnehmer unangemessen und stehe im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Denn der Vergütungsanspruch sei nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte, seien nicht ersichtlich.

BAG, Urteil vom 13.11.2013, Az.: 10 AZR 848/12

(Quelle: Beck online)

EuGH: Arbeitnehmer können trotz Sonderleistungen Tarif-Mindestlohn beanspruchen

Arbeitnehmer haben Anspruch auf den vollen tarifvertraglichen Mindestlohn – auch wenn sie zusätzlich vermögenswirksame Leistungen wie Wertpapiere vom Arbeitgeber bekommen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Anders sei es bei Einmalzahlungen. Sie könnten Teil des Mindestlohns sein. Dies hänge aber von den einzelnen Regelungen im Tarifvertrag ab.

Geklagt hatte ein Hallenreiniger der zur Deutschen Bahn gehörenden DB Services GmbH. Er erhielt laut Tarifvertrag bis März 2008 einen Stundenlohn von 7,56 Euro und ab April 2008 einen Stundenlohn von 7,90 Euro. Der Mann wollte, dass ein für ihn günstigerer Tarifvertrag für Gebäudereiniger angewendet wird. Sein Arbeitgeber erkannte zwar die Gültigkeit dieses Tarifvertrages an. Doch die DB Services argumentierte, ihr Angestellter habe ohnehin schon viel mehr als den Mindestlohn erhalten. Er habe schließlich zwei pauschale Zahlungen von 600 und 150 Euro bekommen sowie vermögenswirksame Leistungen.

So klar sei der Fall nicht, wendet der EuGH ein. Zwar könnten pauschale Zahlungen durchaus Teil des tariflichen Lohns sein – zum Beispiel beim Übergang zu einem neu ausgehandelten Tarifvertrag. Im Urteil ist die Rede von der «Praxis (…), durch diese pauschalen Zahlungen die Anwendung der neuen Lohntabelle zu antizipieren». Die Zahlungen könnten also anstehende Lohnerhöhungen bereits vorweg nehmen. Bei vermögenswirksamen Leistungen sehe es aber anders aus. Diese unterschieden sich vom Lohn im eigentlichen Sinne. Sie würden dem Arbeitnehmer helfen, Vermögen zu bilden, zum Teil auch durch Staatsgelder unterstützt. Damit dienten sie einem «sozialpolitischen Ziel».

Der EuGH machte aber eine wichtige Einschränkung: Für die Frage, ob Einmalzahlungen als Lohnbestandteil gelten können, sei der «Wille der Parteien des Tarifvertrages» entscheidend. Auch die Rolle der vermögenswirksamen Leistungen im Fall des Hallenreinigers müsse das Bundesarbeitsgericht klären. Die deutschen Richter hatten den EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten, müssen den Fall nun aber selbst endgültig entscheiden.

Das Urteil schafft nach Einschätzung des Hamburger Arbeitsrechtlers Martin Mönks Klarheit. Nun stehe fest, «dass nicht alle möglichen Leistungen bei einem Mindestlohn anzurechnen sind». Mit seinem Spruch habe der EuGH die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bestätigt, sagte Mönks am 07.11.2013 der Nachrichtenagentur dpa. Das Gericht habe damit die Weichen für die Handhabung eines möglichen gesetzlichen Mindestlohns gestellt.

Schmutz- oder Erschwerniszulagen sowie vermögenswirksame Leistungen müssten weiterhin zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt werden. «Arbeitgeberleistungen, die ausschließlich die erbrachte Arbeit vergüten, werden dagegen angerechnet», erklärte Mönks. Dies betreffe vor allem die in Deutschland üblichen, von den Tarifparteien zusätzlich zu den prozentualen Erhöhungen ausgehandelten Einmalzahlungen.

EuGH, Urteil vom 07.11.2013 – C-522/12

(Quelle: Beck online)

Vergütung wegen Annahmeverzugs

Mit der Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht verzichtet der Arbeitgeber auf die Erbringung und das Angebot der Arbeitsleistung mit der Folge, dass er sich auch ohne tatsächliches oder wörtliches Angebot der Arbeitsleistung im Annahmeverzug befindet. Ein darüber hinausgehendes Absehen von dem Erfordernis der Leistungsfähigkeit bedarf nach Ansicht des BAG der ausdrücklichen Vereinbarung.

BAG, Urt. v. 26. 6. 2013, 5 AZR 432/12

(Quelle: Beck online)

Tarifliche Ausschlussfristen bei Insolvenzanfechtung durch Zwangsvollstreckung erlangter Arbeitsvergütung nicht anwendbar

Der Insolvenzverwalter kann bei Vorliegen der übrigen Anfechtungsvoraussetzungen von einem Arbeitnehmer die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen, die dieser durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat. Der Rückforderungsanspruch unterfällt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.10.2013 keinen tariflichen Ausschlussfristen. Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen seien zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürften. § 146 InsO, der für die Insolvenzanfechtung auf die Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verweist, normiere die zeitliche Begrenzung des Anfechtungsrechts abschließend.

Nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (sogenannte inkongruente Deckung), wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war. Nicht «in der Art», wie sie der Gläubiger zu beanspruchen hat, erfolge auch eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung, stellt das BAG klar.

Die Klägerin war seit 1983 bei der Schuldnerin beschäftigt. Aufgrund eines Insolvenzantrags vom 10.05.2007 wurde am 01.07.2007 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. In den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag erlangte die Klägerin durch Forderungspfändungen von der Schuldnerin rückständiges Arbeitsentgelt. Der beklagte Insolvenzverwalter focht die Zahlungen unter dem 23.04.2010 an. Mit der Widerklage verlangt er die Rückzahlung zur Masse.

Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landesarbeitsgericht die Widerklage wegen der Versäumung einer tariflichen Ausschlussfrist und mit der Begründung abgewiesen, es liege keine inkongruente Deckung vor. Auf die Revision des Beklagten hat das BAG das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Dieses werde zu klären haben, ob die Schuldnerin zur Zeit der maßgeblichen Rechtshandlungen, also bei Zustellung der Pfändungsbeschlüsse, bereits zahlungsunfähig war.

BAG, Urteil vom 24.10.2013 – 6 AZR 466/12

(Quelle:Beck online)

Anordnung, Billigung und Duldung von Überstunden: Darlegung im Überstundenprozess

Der Anspruch auf Vergütung von Überstunden setzt neben deren Leistung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer.

Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat.

Für eine konkludente Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte.

Mit der ausdrücklichen oder konkludenten Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein.

Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden. Dazu muss der Arbeitnehmer vortragen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst wenn dieses feststeht, ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat.

BAG, Urteil vom 10.04.2013 – 5 AZR 122/12

(Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de)

Antrag auf Altersteilzeit muss mit einfachem «Ja» angenommen werden können

Beantragt der Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen, handelt es sich um ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Ein solches Angebot muss regelmäßig so konkret sein, dass es der Arbeitgeber mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann. Ob das Angebot des Arbeitnehmers diesen Anforderungen genügt, ist unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, das seit 1993 bestehende Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umzuwandeln. Die am 19.09.1952 geborene Klägerin beantragte nach dem anwendbaren Tarifvertrag mit Schreiben vom 27.11.2008 Altersteilzeit. In dem Schreiben heißt es u.a.:

„Hiermit beantrage ich die Durchführung einer Altersteilzeit ab spätestens Dezember 2009.“

Die Beklagte lehnte den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit der Klägerin ab. Daraufhin beantragte die Klägerin zuletzt beim ArbG,

„die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot vom 27.11.2008 zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vom 01.10.2009 bis zum 30.09.2015 anzunehmen.“

Das ArbG hat der Klage stattgegeben, das LAG die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin blieb beim BAG ohne Erfolg.

Die Klägerin habe der Beklagten kein Angebot unterbreitet, das den Erfordernissen des § 145 BGB entspreche. Nur ein konkretes Vertragsangebot lasse eine gerichtliche Überprüfung zu, ob der Arbeitgeber das Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zu Recht abgelehnt habe oder zur Annahme zu verurteilen sei, so dass mit der Rechtskraft des Urteils gem. § 894 ZPO das Vertragsangebot des Arbeitnehmers als angenommen und somit der beanspruchte Altersteilzeitarbeitsvertrag als geschlossen gilt.

Ein solches Angebot müsse regelmäßig so konkret sein, dass es mit einem einfachen „Ja“ angenommen werden könne. Es dürfe kein Zweifel daran bestehen, welchen Inhalt der Vertrag habe, falls der Arbeitgeber mit einem schlichten „Ja“ das Vertragsangebot annehme. Ob das Vertragsangebot des Arbeitnehmers diesen Anforderungen genüge, sei unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen. Abzustellen sei darauf, was bei objektiver Betrachtung der Empfänger der Erklärung entnehmen durfte.

Das Schreiben der Klägerin vom 27.11.2008 enthalte hiernach kein annahmefähiges Angebot. Der Antrag „die Durchführung einer Altersteilzeit ab spätestens Dezember 2009“ lasse offen, für welchen konkreten Zeitpunkt die Klägerin Altersteilzeit begehre. Es lasse sich dem Schreiben weder entnehmen, ab welchem konkreten Datum die geänderten Vertragsbedingungen gelten sollen, noch zu welchem Zeitpunkt das Altersteilzeitarbeitsverhältnis enden solle. Es bleibe ebenfalls offen, ob die Klägerin Altersteilzeit im Teilzeit- oder im Blockmodell begehre. Das LAG habe keine Tatsachen festgestellt, die es der Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens erlaubt hätten, den Erklärungsgehalt des Schreibens näher zu bestimmen.

Rechtstipp:

In der Praxis ist es nicht selten, dass ein Arbeitnehmer abstrakt Altersteilzeit beantragt, um mit dem Arbeitgeber einvernehmlich die Konditionen festzulegen. Wenn eine einvernehmliche Lösung scheitert, muss der Arbeitnehmer seinen Antrag präzisieren. Für eine gerichtliche Auseinandersetzung muss der Antrag auf Altersteilzeit alle relevanten Angaben enthalten, also insbesondere den Zeitpunkt, zu dem die Altersteilzeit beginnen und enden soll, sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit während der Altersteilzeit.

BAG, Urteil vom 14.05.2013 – 9 AZR 664/11

(Quelle: beck-fachdienst Arbeitsrecht – FD-ArbR 2013, 348959)

LAG Köln spricht Schichtarbeiter Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung zu

Das Landesarbeitsgericht Köln hat einem bislang dreischichtig in Vollzeit arbeitenden Maschinenführer einen Anspruch auf Teilzeitarbeit zugebilligt und damit die Vorinstanz bestätigt. Das vom Arbeitgeber geltend gemachte Erfordernis zusätzlicher Schichtübergaben genüge nicht zur Ablehnung, da gewisse organisatorische Anstrengungen bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit notwendig seien.

Der Kläger hatte als Maschinenführer im Drei-Schicht-Betrieb in Vollzeit gearbeitet. Nach der Rückkehr aus einer knapp zweijährigen Elternzeit wollte er nur noch vormittags in Teilzeit arbeiten. Der Arbeitgeber lehnte dies ab, weil sonst speziell für den Kläger zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden müssten. Dies führe zu Produktionsverzögerungen und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen. Das Arbeitsgericht Bonn ließ dies nicht gelten.

Das LAG hat die ArbG-Entscheidung bestätigt und ebenfalls einen Teilzeit-Anspruch des Klägers bejaht. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG müsse ein Arbeitgeber Teilzeit-Wünschen von Arbeitnehmern zuzustimmen, wenn nicht betriebliche Gründe entgegenstehen. Das LAG erachtete die Ablehnungsgründe des Arbeitgebers für nicht gewichtig genug. Gewisse organisatorische Anstrengungen seien bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und gesetzesimmanent. Im vorliegenden Fall gingen sie nicht über das zumutbare Maß hinaus.

LAG Köln, Urteil vom 10.01.2013, Az.: 7 Sa 766/12

(Quelle: Beck online)

Unklarheitenregel bei Freiwilligkeitsvorbehalt für eine Jahressonderzahlung

Wird die Zahlung eines 13. Gehalts im Arbeitsvertrag als „freiwillige Leistung“ bezeichnet, so genügt dieser Hinweis für sich genommen nicht, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen.

Die Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass „die Zahlung eines 13. Gehalts eine freiwillige Leistung der Firma ist, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann“, begründet bei Anwendung der Unklarheitenregel des § BGB § 305 c BGB § 305C Absatz II BGB einen unbedingten Anspruch auf Zahlung.

Die Parteien streiten über eine Sonderzahlung für das Jahr 2010. Die Kl. trat am 1. 4. 1999 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Bekl. Der Anstellungsvertrag vom 29. 3. 1999 regelt auszugsweise Folgendes:

„§ 3. Für die Tätigkeit erhält die Mitarbeiterin während der Probezeit ein Bruttogehalt von monatlich 3800 DM einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Nach der Probezeit beträgt das Bruttogehalt monatlich 4000 DM einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Mit der Gehaltszahlung sind eventuelle Überstunden abgegolten. Die Bezüge werden zum Ende eines jeden Monats bargeldlos gezahlt. Die Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann.“

Eine am 6. 7. 1999 getroffene „Vereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 29. 3. 1999“ regelt Folgendes: „Die Probezeit von sechs Monaten wird verkürzt auf vier Monate und endet somit zum 30. 7. 1999. Die Mitarbeiterin erhält ab o. g. Datum ein mtl. Bruttogehalt von 4000 DM. Des Weiteren wird vereinbart, dass das 13. Monatsgehalt in Höhe von 4000 DM voll gezahlt wird“.

Im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Bekl. haben die Parteien am 1. 7. 2005 vereinbart: „Die Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 29. 3. 1999 zwischen Frau D und der A-GmbH gelten unverändert für das neue Arbeitsverhältnis zwischen Frau D und der A-GmbH & Co. KG fort. Insbesondere wird der soziale Besitzstand gewahrt“.

Die Kl. hat in den Jahren 1999 bis 2003 mit der Gehaltsabrechnung für November ein „Weihnachtsgeld“ und in den Jahren 2004 bis 2009 eine „freiwillige Leistung“ in Höhe eines Novembergehalts erhalten. Sie ist zum 31. 12. 2010 bei der Bekl. ausgeschieden. Für das Jahr 2010 hat die Kl. keine Sonderzahlung erhalten. Sie hat die Bekl. unter Fristsetzung zum 15. 1. 2011 erfolglos zur Zahlung aufgefordert. Die Kl. hat die Auffassung vertreten, sie habe einen vertraglichen Anspruch auf ein 13. Gehalt und beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an sie 3385 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. 1. 2011 zu zahlen.

Die Bekl. hat die Auffassung vertreten, auf Grund des Freiwilligkeitsvorbehalts in § 3 des Anstellungsvertrags bestehe kein Anspruch.

Das ArbG Bremen-Bremerhaven (Urt. v. 27. 4. 2011 – 2 Ca 2044/11, BeckRS 2013, BECKRS Jahr 69289) hat die Klage abgewiesen, das LAG Bremen (Urt. v. 12. 1. 2012 – 3 Sa 85/11) hat ihr stattgegeben. Die Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.

Nach dem Wortlaut wird „die Zahlung eines 13. Gehalts“ bestimmt, ohne dass sich – für den durchschnittlichen Vertragspartner ohne Weiteres erkennbar – der Verwender die jeweilige Entscheidung über die Zahlung vorbehalten hat (etwa: „Wird ein 13. Gehalt gezahlt …“.). Ein Vorbehalt besteht ausdrücklich nur insoweit, als das 13. Gehalt anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann. Daraus mag für den durchschnittlichen Vertragspartner folgen, dass der Verwender sich die Entscheidung über die Aufteilung, nicht aber über das „Ob“ einer Zuwendung vorbehalten hat. Auch deren Höhe ist mit der Bezeichnung „13. Gehalt“ eindeutig bestimmbar.

Unerheblich ist, dass die Zahlung eines 13. Gehalts als „freiwillige Leistung“ der Firma bezeichnet wird. Damit wird – jedenfalls unmissverständlich – nur zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet ist (BAGE 103, BAGE Band 103 Seite 151 = NZA 2003, NZA Jahr 2003 Seite 557 = NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 2043 [zu II 2 a]). Der Hinweis genügt für sich genommen nicht, um einen Anspruch auf die Leistung auszuschließen.

Gegen vorstehendes Verständnis der Klausel könnte allerdings sprechen, dass im Anstellungsvertrag nur die Zahlung „eines“ und nicht „des“ 13. Gehalts vereinbart ist. Die Verwendung eines unbestimmten Artikels in diesem Regelungszusammenhang lässt eine Auslegung vertretbar erscheinen, dass mit § 3 S. 5 des Anstellungsvertrags ein vertraglicher Anspruch nicht unmittelbar begründet werden sollte. Der Regelung käme dann die Bedeutung zu: „Die etwaige Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung …“ bzw. „Es kann ein 13. Gehalt als freiwillige Leistung der Firma gezahlt werden …“.

Es bestehen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung, beide Auslegungsergebnisse sind nicht fernliegend. Nach § BGB § 305 c BGB § 305C Absatz II BGB gehen Zweifel zulasten des Verwenders. Damit greift die der Kl. als Vertragspartnerin günstigere Auslegung. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es bereits an einer Vertragslücke. Sie kommt entgegen der Auffassung der Revision auch deshalb nicht in Betracht, weil die Bestimmungen des Anstellungsvertrags vom 29. 3. 1999 zwischen den Parteien am 1. 7. 2005 und damit nach Inkrafttreten des § BGB § 305 ff. BGB ausdrücklich (erneut)vereinbart worden sind; zudem war die Unklarheitenregel bereits vor dem Jahr 2002 allgemein anerkannt.

BAG, Urt. v. 17. 4. 2013 – 10 AZR 281/12

(Quelle: beck online)