Ausschlussfristen
In Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen findet man häufig Regelungen, welche vorsehen, dass der Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen hat, andernfalls seien diese verwirkt. Weiter wird oft verlangt, dass innerhalb einer weiteren Frist nach erfolger Ablehnung oder ausbleibender Rreaktion des Arbeitgebers Klage zu erheben ist. Auch hier soll bei Versäumung der Frist der Anspruch verwirkt sein.
Aus Sicht des Arbeitnehmers sind diese Regelungen stets zu beachten, da sie grundsätzlich zulässig sind und in der Tat die Verwirkung der Ansprüche nach sich ziehen kann. Allerdings bedeutet dies nicht, dass jede Ausschlussfristin einem Arbeitsvertrag auch wirksam ist. da auch die Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen grundsätzlich der AGB-Kontrolle unterliegen, kann eine Ausschlussfrist unwirksam sein, wenn dieser einen Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt oder die Ausschlussfrist an einer Stelle im Arbeitsvertrag erwähnt wird, an welcher der Arbeitnehmer damit nicht zu rechnen braucht.
Hierbei zu unterscheiden ist allerdings der Fall, wenn sich die Ausschlussfrist aus einem Tarifvertrag ergibt, auf welchen der Arbeitsvertrag inhaltlich verweist.
Sinn und Zweck von Ausschlussfristen im Arbeitsrecht
Ausschlussfristen verfolgen den Zweck, im Interesse der Rechtssicherheit (für Arbeitgeber und Arbeitnehmer) möglichst bald „Rechtsfrieden“ zu schaffen. Die Ausschlussfristen sind sehr kurz, in der Regel betragen sie zwischen einem und sechs Monate. Im Arbeitsrecht soll durch diese kurzen Ausschlussfristen ein schneller Ausgleich der gegenseitigen Ansprüche gewährleistet sein.
Zulässigkeit von Ausschlussfristen
In Arbeitsverträgen ist die Vereinbarung von Ausschlussfristen für Ansprüche zulässig (so kann z.B. ein Arbeitsvertrag auf eine Betriebsordnung verweisen, die Ausschlussfristen enthält!).
Statt des Wortes „Ausschlussfrist“ können aber auch andere Begriffe verwendet werden, wie z.B. Ausschlussklausel, Verfallsklausel, Verfallsfrist, Verwirkungsklausel. Entscheidend ist allein, dass die Klausel bestimmte Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis und einen Hinweis auf den Rechtsverlust erkennen lässt. Solche vertraglichen Ausschlussklauseln sind jedoch nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht (= BAG) nicht wirksam, wenn sie ohne besonderen Hinweis und ohne drucktechnische Hervorhebung unter falscher oder missverständlicher Überschrift versteckt sind.
Ausschlussfristen in Tarifverträgen
Ausschlussfristen in Tarifverträgen, welche auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommen, sind zwingend zu beachten. Zudem tritt die Wirkung einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist auch dann ein, wenn Sie von deren Existenz nichts wissen!
Wenn in Ihrem Arbeitsvertrag keine Ausschlussklausel enthalten ist, könnte eine solche aber in einem für Sie „verbindlichen“ Tarifvertrag enthalten sein. Normalerweise muss jeder Arbeitgeber den/die zur Anwendung kommende/n Tarifvertrag bzw. Betriebsvereinbarung auslegen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, können Sie – sofern Sie Mitglied sind – bei Ihrer Gewerkschaft nachfragen, ob der für Sie einschlägige Tarifvertrag eine Ausschlussklausel enthält. Ansonsten können Sie sich jederzeit bei den Tarifregistern informieren.
Worauf müssen Sie bei den einzelnen Ausschlussfristen besonders achten?
Ausschlussfristen können unterschiedliche Inhalte haben. Man muss sich die betreffende Klausel daher genau anschauen, ob:
- nur Ansprüche des Arbeitnehmers ausgeschlossen werden;
- alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschlossen werden;
- alle aus dem Arbeitsverhältnis & die mit ihm in Verbindung stehenden Ansprüche ausgeschlossen werden;
- nur bestimmte Ansprüche (z.B. Vergütungen für Schicht-, Mehrarbeit etc.) ausgeschlossen werden;
- für bestimmte Ansprüche verschieden lange Fristen gelten;
- Ansprüche überhaupt von der Ausschlussfrist ausgenommen sind;
- auch eine gerichtliche Geltendmachung verlangt wird.
Vom Inhalt der Ausschlussfristen hängen mithin Ihre weiteren Rechte ab. Vergleichen Sie daher immer genau, ob der von Ihnen geltend gemachte Anspruch unter eine Ausschlussfrist fällt.
Eine Wahrung von Ausschlussfristen für Forderungen, welche noch nicht entstanden sind, ist nur in Ausnahmen lt. Rechtsprechung des BAG möglich, mehr dazu finden Sie hier.
Ansprüche die nicht durch eine Ausschlussfrist ausgeschlossen werden können
Eine Ausschlussfrist kann im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung enthalten sein. Wenn nur im Arbeitsvertrag eine Ausschlussfrist enthalten ist, gehen Ihre Ansprüche z.B. auf Urlaub oder Weihnachtsgeld aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen nicht verloren! Etwas anderes gilt, wenn eine tarifliche Ausschlussfrist greift. Diese erfasst je nach ihrem Inhalt auch die rein arbeitsrechtlichen oder in einer Betriebsvereinbarung enthaltenen Ansprüche!
Es gibt eine Reihe von Ansprüchen, die nicht von einer generellen Ausschlussfrist (Formulierung z.B.: „Alle Ansprüche die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen…“) umfasst werden können.
Das Bundesarbeitsgericht (= BAG) hat für Fälle, die den Status oder das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers betreffen, die Wirksamkeit einer Ausschlussfrist verneint. In folgenden Fällen hat das BAG die Unwirksamkeit einer Ausschlussfrist explizit festgestellt:
- Leistungen der betrieblichen Altersversorgung;
- Sozialansprüche;
- gesetzliche Ansprüche auf Urlaub und Urlaubsabgeltung;
- Ansprüche auf vertragsgemäße Beschäftigung;
- Ansprüche wegen Eingriffs in Ihre Persönlichkeitsrechte;
- Anspruch auf vergleichsweise vereinbarte Abfindung;
- Ansprüche wegen Versorgungsschäden;
- sonstige selbstständige Ansprüche.
Es ist unerheblich, ob sich diese Ansprüche aus Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag ergeben.
Bei welchen Ansprüchen haben Ausschlussfristen Vorteile?
Ausschlussfristen können auch für den Arbeitnehmer Vorteile bieten. Haben Sie z.B. eine Ausschlussklausel in Ihrem Arbeitsvertrag, die sich „auf alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bezieht“, so kann Ihr Arbeitgeber seine „Gegenforderungen“ Ihnen gegenüber nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr geltend machen. Tut er dies doch, indem er Ihnen von Ihrem Lohn oder Gehalt eine bestimmte Summe einbehält, können Sie sich hiergegen erfolgreich zur Wehr setzen. Zur Not mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht.