Nach einer Entscheidung des BAG kann die Fahrt des Arbeitnehmers von zuhause zum Kunden und wieder zurück vergütungspflichtige Arbeitszeit sein.

Der Kläger war als Aufzugsmonteur beschäftigt. Für die ihm obliegende Wartung, Montage und Reparatur von Aufzugsanlagen stellte ihm die beklagte Arbeitgeberin ein mit den erforderlichen Werkzeugen und Ersatzteilen bestücktes Kraftfahrzeug zur Verfügung, das der Kläger auch privat nutzen durfte. Die Beklagte wies ihren Monteuren monatlich die jeweils zu wartenden Aufzugsanlagen in Sammelaufträgen zu. Die Monteure konnten sich frei einteilen, an welchen Tagen und in welcher Reihenfolge sie welche Kunden aufsuchten. Der Kläger fuhr morgens von seiner Wohnung zum ersten Kunden des Arbeitstags und vom letzten Kunden des Tages nach Hause zurück. Den Betrieb der Arbeitgeberin suchte der Kläger nur gelegentlich zur Versorgung mit Ersatzteilen sowie für Besprechungen auf.

Der Kläger verlangte auch für die Zeit der ersten Fahrt zum Kunden morgens und zurück vom letzten Kunden des Tages nach Hause die tarifliche Vergütung.

Entscheidung

Die Klage blieb im Ergebnis erfolglos.

Allerdings gab das BAG dem Kläger dahingehend Recht, dass die Zeit der ersten Fahrt morgens von zuhause zum ersten Kunden ebenso wie die letzte Fahrt des Tages vom letzten Kunden zurück nach Hause Arbeitszeit i.S.d.. EU-Arbeitszeitrichtlinie und damit auch des ArbZG sei. Dem stehe nicht entgegen, dass an sich die Fahrt des Arbeitnehmers zur Betriebsstätte Privatangelegenheit und damit keine Arbeitszeit sei. Denn wenn es keine Betriebsstätte gebe, gehörten auch die Fahrten zu einer auswärtigen Arbeitsstelle zur Arbeitszeit.

Allerdings sei nach den für den konkreten Arbeitgeber einschlägigen tariflichen Regelungen eine Vergütung für die morgendliche Anfahrt und die abendliche Rückfahrt von und zum ersten bzw. letzten Kunden nicht geschuldet. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Tarifvertrags. Allerdings könne der Tarifvertrag nicht über den gesetzlichen Mindestlohn disponieren. Deshalb seien die betreffenden Fahrten mindestlohnpflichtig. Allerdings bedeute dies nicht, dass für diese Zeiten Mindestlohn zusätzlich zum sonst geschuldeten Tarifentgelt zu zahlen sei. Vielmehr sei es ausreichend, wenn das tarifliche Gesamtentgelt, geteilt durch alle Arbeitszeitstunden einschließlich der An- und Rückfahrten, höher sei als der gesetzliche Mindestlohn. Das war vorliegend der Fall.

Damit stellt das BAG einerseits klar, dass immer dann, wenn der Arbeitgeber keine eigene Betriebsstätte hat, Fahrten des Arbeitnehmers von seinem Wohnsitz zum Kunden bzw. vom letzten Kunden nach Hause vergütungspflichtig sein kann. Hat der Arbeitgeber hingegen eine eigene Betriebsstätte und ordnet an, dass der Arbeitnehmer erst von dort aus seine Fahrtzum Kunden beginnt, ist die Fahrt von zuhause zur Betriebsstätte hingegen seine Privatsache.

Eine tatsächliche Vergütung dieser Arbeitszeit kommt aber nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer bei Nichtberücksichtigung dieser Zeit weniger erhalten würde, als den Betrag, den er bei unterstelltem Mindestlohn bei Berücksichtigung der Zeit erhalten würde. Liegt der Arbeitnehmer aber z.B. aufgrund des Tariuflohns auch ohne Berücksichtigung dieser Zeit über dem Mindestlohn, erhält er diese Stunde nicht zusätzlich.

BAG, Urteil vom 25.04.2018 – 5 AZR 424/17

(Quelle: Beck online)