Frage nach Schwerbehinderung kann im bestehenden Arbeitsverhältnis zulässig sein
Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen nach sechs Monaten die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Das gilt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2012 insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Infolge seiner wahrheitswidrigen Beantwortung der ihm rechtmäßig gestellten Frage nach seiner Schwerbehinderung ist es dem Kläger deshalb im entschiedenen Fall unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt sich im Kündigungsschutzprozess auf seine Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen.
Die Frage nach der Schwerbehinderung im Vorfeld einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung stehe im Zusammenhang mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers durch die Anforderungen des § 1 Abs. 3 KSchG, der die Berücksichtigung der Schwerbehinderung bei der Sozialauswahl verlangt. Relevant sei sie außerdem für den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX, wonach eine Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Sie soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich rechtstreu zu verhalten, erläutert das Gericht. Die Frage diskriminiere darüber hinaus behinderte Arbeitnehmer nicht gegenüber solchen ohne Behinderung. Auch datenschutzrechtliche Belange ständen der Zulässigkeit der Frage nicht entgegen.
BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 6 AZR 553/10