Umfasst ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. II 1 BetrVG eine besondere Kategorie personenbezogener Daten (sensitive Daten im datenschutzrechtlichen Sinn), ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen trifft. Dies hat das BAG in einem Beschluss vom 09.04.2019 entschieden.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, den Betriebsrat zu informieren, wenn eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft anzeigt. Der Betriebsrat meint, die Arbeitgeberin habe ihm jede derart angezeigte Schwangerschaft mitzuteilen. Er habe darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmerin geltenden Gesetze von der Arbeitgeberin eingehalten würden.

Die Arbeitgeberin hat sich darauf zurückgezogen, dass die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats auch auf Basis einer anonymisierten Auskunft erledigt werden könne. Im Übrigen stünde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Schwangeren dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats entgegen.

Entscheidung

Das BAG hat die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das LAG zurückverwiesen, dabei aber sehr konkrete Vorgaben zur rechtlichen Einschätzung gemacht.

Das BAG bestätigt, dass für die Auskunftspflicht der Arbeitgeberin ein etwaiger entgegenstehender Wille der betroffenen Arbeitnehmerin nicht maßgeblich ist (vgl. BAG 7.2.2012, BeckRS 2012, 68993, NZA 2017, 744). Die Erfüllung der dem Betriebsrat von Gesetzes wegen zugewiesenen Aufgaben sei nicht von einer Einwilligung der Arbeitnehmer abhängig und stehe nach der betriebsverfassungsrechtlichen Konzeption nicht zu ihrer Disposition. Auch müsse sich der Betriebsrat typischerweise nicht auf anonymisierte Angaben verweisen lassen, da auf dieser Basis eine sinnvolle Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben nicht möglich ist (BAG 7.5.2019 – 1 ABR 53/17, BeckRS 2019, 18161 = GWR 2019, 390 [Bertram]).

Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Informationsverlangens richte sich nach § 26 III BDSG. Danach ist – unter Nutzung der Öffnungsklausel aus Art 9 II DS-GVO – die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Die Erfüllung des von dem Betriebsrat gestellten Auskunftsverlangens stelle eine Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses dar. Hat der Betriebsrat nach § 80 II 1 BetrVG einen Anspruch darauf, dass ihm die Arbeitgeberin den Namen der schwangeren Arbeitnehmerin mitteilt, sei die damit verbundene Datenverarbeitung gem. § 26 III 1 BDSG zur Erfüllung einer rechtlichen Pflicht aus dem Arbeitsrecht erforderlich.

Allerdings hat der Arbeitgeber die Einhaltung angemessener und spezifischer Schutzmaßnahmen durch den Betriebsrat naturgemäß nicht in der Hand. Insbesondere kann er dem Betriebsrat hierzu keine Weisungen erteilen.

Das BAG kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Betriebsrat bei der Geltendmachung eines auf sensitive Daten gerichteten Auskunftsverlangens das Vorhalten angemessener Schutzmaßnahmen i. S. d. § 22 II BDSG darlegen muss. Zwar müsse der Betriebsrat nicht zwingend Maßnahmen aus dem Beispielkatalog des § 22 II BDSG ergreifen. Er habe aber bei der Verarbeitung sensitiver Daten das Vertraulichkeitsinteresse der Betroffenen strikt zu achten und Vorkehrungen zu treffen, die bei wertender Betrachtung den in § 22 II BDSG aufgelisteten Kriterien entsprechen. Hierzu können Maßnahmen wie ein zuverlässiger Verschluss der Daten, eine Begrenzung der Zugriffsmöglichkeiten oder deren Beschränkung auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die sichere Datenlöschung nach Beendigung der Überwachungsaufgabe gehören.

Ein Fehlen solcher Schutzmaßnahmen oder ihre Unzulänglichkeit schließe die Durchsetzung des Informationsanspruchs aus.

BAG, Beschluss vom 9.4.20191 ABR 51/17

(Quelle: beck online)