Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, darf der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag trotz der Vorbeschäftigung sachgrundlos befristen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.08.2019 entschieden. Das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot komme dann in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.
Arbeitsvertrag trotz Vorbeschäftigung sachgrundlos befristet
Die Klägerin war in der Zeit vom 22.10.1991 bis zum 30.11.1992 bei der Beklagten als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld beschäftigt. Mit Wirkung zum 15.10.2014 stellte die Beklagte die Klägerin als Telefonserviceberaterin im Servicecenter erneut ein. Das zunächst bis zum 30.06.2015 sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis wurde später bis zum 30.06.2016 verlängert. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung am 30.06.2016 geendet hat. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt (in BeckRS 2017, 125923). Dagegen legte die Beklagte Revision ein.
BAG: Verbot durch verfassungskonforme Auslegung einzuschränken
Die Revision hatte Erfolg. Die Befristung des Arbeitsvertrags sei ohne Sachgrund wirksam, so das BAG. Zwar sei nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Das Bundesverfassungsgericht (NZA 2018, 774) habe den Fachgerichten jedoch aufgegeben, durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar sei, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.
Verbot bei 22 Jahre zurückliegender Vorbeschäftigung unzumutbar
Das Verbot der sachgrundlosen Befristung könne danach unter anderem dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliege. Um einen solchen Fall handelt es sich laut BAG vorliegend, da die Vorbeschäftigung bei der erneuten Einstellung 22 Jahre zurückgelegen habe. Besondere Umstände, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten, lägen nicht vor.
Das Bundesarbeitsgericht begibt sich hier erneut wieder auf dünnes Eis. Denn auch in der Vergangenheit hat das Bundesarbeitsgericht zunächst die Auffassung vertreten, dass eine Befristung ohne Sachgrund zulässig wäre, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 3 Jahre beim selben Arbeitgeber zuvor nicht mehr bestanden hätte. Dies widersprach aber dem klaren Gesetzeswortlaut, da § 14 Abs. 2 TzBfG eindeutig regelt, dass eine Befristung ohne Sachgrund nicht zulässig ist, wenn mit dem selben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsfeld des bestanden hat. Nachdem auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 06.06.2018, Az. 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) klargestellt hatte, dass die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht dem Gesetz entspricht und das BAG daraufhin seine Auffassung auch geändert hat,schlägt es nunmehr einen ähnlichen Weg ein, indem es zwar einen Zeitraum von 3 Jahren nicht mehr ausreichen lässt, bei 22 Jahren aber dennoch eine Befristung ohne sachlichen Grund als zulässig erachtet. Ob diese Auffassung erneut durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden muss, bleibt abzuwarten.
BAG , Urteil vom 21.08.2019 – 7 AZR 452/17
(Quelle: Beck oonline)