Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalb Jahren Dauer bestanden hatte, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte. Das hat das Bundesarbeitsgericht unter Korrektur seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden.
Kläger arbeitet bereits zum zweiten Mal für Beklagte
Der Kläger war zunächst vom 19.03.2004 bis zum 30.09.2005 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Mit Wirkung zum 19.08.2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28.02.2014 als Facharbeiter ein. Die Parteien verlängerten die Vertragslaufzeit mehrfach, zuletzt bis zum 18.08.2015. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.
BAG ändert Rechtsprechung zu Berücksichtigung von Vorbeschäftigungen
Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, entschied in letzter Instanz jetzt das Bundesarbeitsgericht. Es stellte zunächst klar, dass das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2011 zwar entschieden hatte, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG erfasse in verfassungskonformer Auslegung nicht solche Vorbeschäftigungen, die länger als drei Jahre zurückliegen (BAG, NZA 2011, 905).
Alte Rechtsprechung nach BVerfG-Urteil nicht länger vertretbar
Diese Rechtsprechung kann jedoch laut BAG auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018 (in NZA 2018, 774)) nicht aufrechterhalten werden. Die Karlsruher Richter hatten damals klargestellt, dass das BAG durch die Annahme, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen der vertretbaren Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten habe, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht habe regeln wollen.
Verfassungskonforme Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG erforderlich
Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, so das BAG. Dies habe zu geschehen, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar sei, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.
8 Jahre sind noch nicht zu lang zurückliegend
Das Verbot der sachgrundlosen Befristung könne danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliege, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Um einen solchen Fall handele es sich vorliegend aber nicht, insbesondere liege das vorangegangene Arbeitsverhältnis acht Jahre und damit nicht sehr lang zurück.
Kein Berufen auf frühere Rechtsprechung
Die Beklagte konnte sich laut BAG auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Befristung im Vertrauen auf die im Jahr 2011 ergangenen Entscheidungen des BAG vereinbart zu haben. Sie musste bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die vom BAG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der Norm vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte.
BAG , Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16
(Quelle: beck online)